Das Nachrichtenformat ISO 20022 gilt als neuer globaler Standard im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. Finanzinstitute und Unternehmen sollten sich intensiv mit der Implementierung in ihre Systeme befassen.
In diesem Artikel erfahren Sie, was ISO 20022 genau ist und welche Bedeutung es für Unternehmen in Deutschland hat. Zudem geben wir Ihnen einen Überblick über Vorteile und Herausforderungen des Formats sowie konkrete Tipps für die Umstellung in Ihrem Unternehmen.
Worum geht es in diesem Artikel?
- Was ist ISO 20022?
- Warum ist ISO 20022 für Unternehmen in Deutschland von Bedeutung?
- Zeitplan der ISO 20022-Umstellung
- Welche Vorteile hat ISO 20022 für Unternehmen in Deutschland?
- Herausforderungen für Unternehmen bei der Umstellung auf ISO 20022
- So können sich Unternehmen auf die ISO 20022-Umstellung vorbereiten
Was ist ISO 20022?
ISO 20022 ist ein internationaler Standard für die elektronische Kommunikation der Finanzwirtschaft. Das Nachrichtenformat der Internationalen Organisation für Normung (ISO) wird auch als UNIFI bezeichnet, ein Akronym für „Universal Financial Industry Message Scheme“. ISO 20022 definiert ein einheitliches Format für Nachrichten für Finanztransaktionen wie Zahlungen oder Wertpapierabwicklungen. Besondere Bedeutung hat es für Nachrichten, die Banken bei grenzüberschreitenden Überweisungen austauschen.
Im Zahlungsverkehr wird ISO 20022 vor allem deshalb eingesetzt, weil es die Struktur und Inhalte von Finanznachrichten klar festlegt und diese Nachrichten in XML codiert. XML (Extensible Markup Language) ist ein plattformunabhängiges und erweiterbares Format, das es ermöglicht, Datenstrukturen zu definieren, die den spezifischen Anforderungen verschiedener Finanztransaktionen gerecht werden. Es kann von unterschiedlichen Systemen und Anwendungen problemlos verarbeitet werden. Damit wird eine fehlerfreie Kommunikation zwischen Finanzinstitutionen und Unternehmen möglich.
Warum ist ISO 20022 für Unternehmen in Deutschland von Bedeutung?
ISO 20022 entwickelt sich weltweit zum Standard für den Zahlungsverkehr. Weltweit setzen immer mehr Banken und Finanzinstitute auf das Format. Vor allem in Europa hat sich ISO 20022 seit der Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (SEPA) etabliert. Allerdings nutzen nach wie vor viele Unternehmen auch heute noch ältere MT-Formate (Message Types). Diese weniger flexiblen Formate bieten nur eine eingeschränkte Struktur für die Datenübertragung. Sie enthalten weder feste Datenfelder noch klare Vorgaben für den Inhalt oder die Reihenfolge der Informationen. Damit ist es nahezu unmöglich, MT-Formate mithilfe künstlicher Intelligenz oder anderer Automatisierungstechniken auszulesen oder zu analysieren.
SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) hat die Entscheidung getroffen, die älteren MT-Formate zugunsten des moderneren ISO 20022-Standards abzuschalten. Als internationale Normenorganisation hat SWIFT die Aufgabe, die technologische Weiterentwicklung des Finanzsektors zu steuern und sicherzustellen, dass alle Akteure auf eine gemeinsame Lösung umsteigen. Ziel der Umstellung auf ISO 2022 ist eine standardisierte, strukturierte und detaillierte Datenübertragung, die die Automatisierung, Interoperabilität und Transparenz im Finanzwesen verbessert.
Die Umstellung gilt zunächst nur für Banken, doch auch Unternehmen sind mittel- bis langfristig betroffen. Sobald sich das Format ISO 20022 flächendeckend durchgesetzt hat, werden Banken von Unternehmen, die andere Formate nutzen, für deren Verarbeitung Gebühren verlangen. Sobald die älteren MT-Formate gänzlich abgeschaltet sind, können Unternehmen ohne ISO 20022 keine Finanzgeschäfte mehr tätigen.
Unternehmen, die den Umstieg auf ISO 20022 noch nicht vollzogen haben, sollten sich frühzeitig mit den Anforderungen und technischen Umstellungen auseinandersetzen, um keine Komplikationen im Zahlungsverkehr zu riskieren. Unterstützung hierzu bietet Stripe Payments mit der Verarbeitung von Zahlungen gemäß des ISO 20022-Standards. Unternehmen haben die Möglichkeit, unter Einhaltung der regulatorischen Anforderungen weltweit Zahlungen zu akzeptieren und ihrer Kundschaft lokal bevorzugte Zahlungsmethoden anzubieten. Dies verbessert die Effizienz und Automatisierung des nationalen und internationalen Zahlungsverkehrs.
Zeitplan der ISO 20022-Umstellung
Laut SWIFT haben Finanzinstitute bis November 2025 Zeit, um auf ISO 20022 für den grenzüberschreitenden Interbankenzahlungsverkehr umzusteigen. Von der Umstellung sind demnach zunächst nur Nachrichtentypen für Zahlungsinstruktionen betroffen, die eine End-to-End-Interoperabilität zwischen Finanzinstituten und Zahlungsinfrastrukturen ermöglichen. Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise die Nachrichtentypen MT102 und MT201 am 22. November 2025 aus dem FIN-Dienst von SWIFT entfernt werden. Andere MT-Nachrichtentypen können zunächst auch über den Stichtag hinaus genutzt werden. Für sie gelten dann jedoch erweiterte technische Validierungen. Zudem ist ihre Nutzung mit zusätzlichen Gebühren verbunden.
Der Zeitplan für die weitere Umstellung von MT-Nachrichten in den SWIFT-Prozessen hängt insbesondere von der Einführung eines universellen Case-Manager-Produkts der Organisation ab. Dieses soll sämtliche bisherigen MT-Nachrichten ersetzen und stattdessen standardisierte ISO-20022-Nachrichten über eine API oder eine Benutzeroberfläche nutzbar machen. SWIFT plant, das neue System 2025 zunächst für eine kleine Gruppe von Nutzerinnen und Nutzern bereitzustellen und es 2026 für alle zugänglich zu machen. Aktuell ist geplant, die Nutzung der alten MT-Nachrichten für die sogenannten Exceptions-and-Investigations-Prozesse im November 2026 einzustellen.
Laut SWIFT können Banken von ihren Firmenkunden ab 2025 eine ISO 20022-Konformität einfordern. Wann genau die einzelnen Finanzinstitute für Unternehmen die Unterstützung einzelner MT-Formate einstellen, liegt in ihrem Ermessen. Unternehmen werden gesetzlich jedoch nicht gezwungen, auf ISO 20022 umzustellen, da die Internationalen Organisation für Normung ebenso wie SWIFT und andere Nachrichtennetzwerke keine rechtlichen Befugnisse haben. Demnach ist der Einsatz von ISO 20022 für Unternehmen grundsätzlich freiwillig.
Da es jedoch höchst wahrscheinlich ist, dass sich das Format aufgrund seiner zahlreichen Vorteile gegenüber den älteren MT-Formaten durchsetzen wird, ist eine Umstellung dringend zu empfehlen. Unternehmen, die nicht auf ISO 20022 setzen, können zukünftig nur noch eingeschränkt und schließlich gar keine Finanzgeschäfte über etablierte Nachrichtennetzwerke tätigen.
Welche Vorteile hat ISO 20022 für Unternehmen in Deutschland?
Die Umstellung auf das Format ISO 20022 ist für Unternehmen in Deutschland mit erheblichem Zeit-, Ressourcen- und Kostenaufwand verbunden. Dem gegenüber stehen jedoch zahlreiche Vorteile. Die wichtigsten finden Sie nachfolgend im Überblick:
Standardisierung
Die Standardisierung von Prozessen stellt für Unternehmen eine kontinuierliche Herausforderung dar, insbesondere wenn es um die Vereinheitlichung von Daten über verschiedene regionale Niederlassungen hinweg geht. Ein wesentlicher Vorteil von ISO 20022 liegt in der Verbesserung der Interoperabilität: Der neue Standard optimiert den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr und minimiert Datenverluste. Transaktionen ins außereuropäische Ausland funktionieren mit ISO 20022 ebenso einfach und reibungslos wie Transaktionen innerhalb Deutschlands.
Mit der Standardisierung des Nachrichtenformats geht im Übrigen auch eine Erweiterung des Zeichensatzes der Nachrichten einher. Im Vergleich zu älteren MT-Nachrichten bietet der längere Zeichensatz mehr Raum für nicht-lateinische Alphabete wie Chinesisch, Russisch oder Griechisch.
Transparenz
Das Format ISO 20022 verbessert die Transparenz und Nachverfolgbarkeit von Zahlungen, da es eine präzisere und strukturiertere Übermittlung von Transaktionsdaten ermöglicht. Unternehmen können Zahlungen nahezu in Echtzeit abgleichen und so ihren Cashflow besser überwachen. Die erhöhte Transparenz erlaubt zudem genauere Prognosen und führt zu fundierteren Geschäftsentscheidungen.
Effizienzsteigerung
ISO 20022 ermöglicht durch die detaillierteren Zahlungsdaten eine verbesserte Automatisierung, eine schnellere Zahlungsabwicklung sowie einen schnelleren Abgleich von Zahlungen. Dies erhöht die Effizienz in der Buchhaltung und spart Zeit. Darüber hinaus werden die IT-Abteilungen in Unternehmen entlastet, die vor ISO 20022 häufig damit beschäftigt waren, Inkonsistenzen zu beheben, die durch verschiedene Formate und Infrastrukturen entstanden sind.
Langfristige Kostenersparnis
Unternehmen können durch die höhere Effizienz sowie die geringere Fehleranfälligkeit von ISO 20022 langfristig Kosten sparen. Vor allem die Möglichkeit, arbeitsintensive manuelle Prozesse durch eine Automatisierung zu ersetzen, kann die Betriebskosten deutlich senken. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Umstellung auf ISO 20022 zunächst Kosten verursacht.
Compliance
Das XML-Format von ISO 20022 lässt sich problemlos in nahezu jedes Zahlungssystem sowie jede Marktinfrastruktur weltweit integrieren. Dadurch können regulatorische Vorgaben besser eingehalten werden. Zudem bedeutet die strukturierte Datenübertragung bessere Analysemöglichkeiten sowie ein höheres Maß an Sicherheit. Die Umstellung auf ISO 20022 vereinfacht für Unternehmen die Betrugsprävention.
Banken profitieren diesbezüglich ebenfalls vom neuen Standard: Angesichts der sich schnell verändernden Risiken im Finanzsektor ändern sich auch die aufsichtsrechtlichen Berichtspflichten häufig. ISO 20022 erleichtert es Banken, diese Anforderungen zu erfüllen. Ihre Compliance-Abteilungen profitieren von den gut strukturierten Daten, da sie sich schnell und einfach einen Überblick über Transaktionen verschaffen können.
Herausforderungen für Unternehmen bei der Umstellung auf ISO 20022
Die Umstellung auf ISO 20022 stellt deutsche Unternehmen vor mehrere Herausforderungen:
Hohe Anfangsinvestitionen: Unternehmen müssen ihre bestehenden Zahlungssysteme und IT-Infrastrukturen an den ISO 20022-Standard anpassen. Die Umstellung auf das neue Format erfordert im Normalfall hohe Investitionen in Soft- und Hardware sowie Kosten für die Schulung der Mitarbeitenden.
Mangelndes Fachwissen: ISO 20022 ist ein komplexer Standard, der vergleichsweise neu und damit für viele deutsche Unternehmen inhaltlich und technisch herausfordernd ist. Um das Format zu verstehen und effektiv zu nutzen, ist spezifisches Fachwissen vonnöten. Dieses kann unter anderem in Schulungen der IT- und Finanzabteilungen erworben werden.
Integration in bestehende Prozesse: Die Umstellung auf ISO 20022 erfordert eine strikte Integration in die internen Prozesse der Unternehmen – insbesondere in die Buchhaltung und das Cash-Management. Diese Integration kann komplex und zeitaufwendig sein.
Schwierige Übergangsphase: Während der Umstellung von alten Formaten zu ISO 20022 müssen Unternehmen eine Übergangsphase bewältigen. Da in dieser sowohl alte als auch neue Formate verwendet werden können, ist die Wahrscheinlichkeit von Fehlern und Missverständnissen hoch. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, diese bestmöglich zu vermeiden beziehungsweise ihnen bestmöglich zu begegnen.
Koordination mit Dritten: Da ISO 20022 global standardisiert wird, müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre externen Partner auf den neuen Standard umgestellt haben. Eine mangelnde Synchronisation mit Dritten könnte zu Komplikationen im Zahlungsverkehr führen.
So können sich Unternehmen auf die ISO 20022-Umstellung vorbereiten
Die Umstellung auf das Format ISO 20022 erfordert eine gründliche Planung und eine sukzessive Umsetzung. Unternehmen in Deutschland sollten die folgenden Schritte beachten:
Analyse der aktuellen Prozesse und Systeme
Zunächst sollten Unternehmen ihre bestehenden Zahlungs-, Melde- und Kommunikationssysteme analysieren. Es gilt herauszufinden, welche Bereiche von der Umstellung betroffen sind. Hierzu zählt auch die Identifikation aktueller MT-Nachrichten und ihrer ISO 20022-Äquivalente.
Entwicklung einer Migrationsstrategie
Anschließend müssen Unternehmen eine Migrationsstrategie entwickeln. Diese sollte einen klaren Zeitplan, eine Entscheidung über eine schrittweise oder vollständige Umstellung sowie die Zuweisung von Verantwortlichkeiten umfassen.
Anpassung der IT-Infrastruktur
Unternehmen müssen ihre Systeme aktualisieren oder austauschen, damit diese ISO 20022 unterstützen. Es muss eine Kompatibilität mit Banken und Geschäftspartnerinnen sowie Geschäftspartnern sichergestellt werden. Dies beinhaltet unter anderem eine Implementierung passender Schnittstellen für den
Nachrichtenaustausch.
Schulung der Mitarbeiter/innen
Mitarbeiter/innen sollten durch gezielte Schulungen auf die neuen Nachrichtenformate vorbereitet werden – insbesondere in den Bereichen Finanzen, IT und Compliance. Dabei sollten auch die Vorteile des neuen Formats thematisiert werden, um die Bedeutung der Umstellung für das eigene Unternehmen und die Auswirkungen auf bestehende Prozesse klarzumachen.
Test- und Übergangsphase
Vor der endgültigen Umstellung ist eine umfassende Testphase essenziell. Unternehmen sollten eine Testumgebung einrichten, um die neuen Nachrichtenformate zu prüfen, End-to-End-Tests mit Banken sowie Partnerinnen und Partnern durchzuführen und mögliche Fehler frühzeitig zu beheben. Erst nach einer erfolgreichen Testphase sollte der produktive Einsatz erfolgen.
Go-Live und Optimierung
Auch nach dem Go-Live ist ein kontinuierliches Monitoring erforderlich, um das System zu überwachen und kontinuierlich zu optimieren.
Der Inhalt dieses Artikels dient nur zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken und sollte nicht als Rechts- oder Steuerberatung interpretiert werden. Stripe übernimmt keine Gewähr oder Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Angemessenheit oder Aktualität der Informationen in diesem Artikel. Sie sollten den Rat eines in Ihrem steuerlichen Zuständigkeitsbereich zugelassenen kompetenten Rechtsbeistands oder von einer Steuerberatungsstelle einholen und sich hinsichtlich Ihrer speziellen Situation beraten lassen.